Ostbayern

Ostbayern zeigt sich als Spannungsfeld zwischen Glashüttentradition, automatisierter Produktion, Tourismus und Kunst.

Im waldreichen Grenzgebirge entlang der Handelspfade nach Böhmen wird seit dem 14. Jh. Glas gemacht. Aus den Waldglashütten entstanden in der Barockzeit Glashüttengüter, die Gebrauchsglas, teure Ziergläser und Flachgläser produzierten.

Im Zuge der Industrialisierung konzentrierte sich die Flachglasfertigung in der Oberpfalz, während im Bayerischen Wald Tisch- und Haushaltsgläser in arbeitsteiligen Glasfabriken geblasen und veredelt wurden. Bis in die 1930er Jahre erwarben sich diese mit Historismus- und Jugendstilgläsern und der Zusammenarbeit mit bekannten Künstler-Entwerfern Weltruhm.  Ab 1904 formte die Glasfachschule Zwiesel spezialisiertes Können und ästhetisches Bewusstsein.

In der Nachkriegszeit geriet die mittelständische Handfertigung unter den Perfektions- und Preisdruck der Maschine. Drei Glashütten wurden automatisiert, während sich Handwerksbetriebe und Schauglashütten dem Tourismus und Billigimporten zuwandten. Zugleich etablierte sich ab den 1980er Jahren eine künstlerische Studioglas-Szene.

Zwischen Niedergang und Aufbruch

Die ostbayerische Glasregion ist von widersprüchlichen Entwicklungen betroffen. Während der Abbau traditionellen Wissens fortschreitet, finden hier künstlerisch Glasschaffende aus aller Welt ein Forum.

Gegen Ende des 20. Jh. verschärfte die Öffnung des Eisernen Vorhangs den Globalisierungsdruck auf die ostbayerische Handglasindustrie. Im 21. Jh. steht neoliberales Kalkül gegen das innovative Kulturerbe Glas: Outsourcing, Glashüttenschließungen und Entlassungen lassen eine vielfältige Glasarbeiterkultur und ihr Können verschwinden.

2020 setzen zwei verbliebene Traditionsglashütten in den Glasmacherorten Frauenau und Zwiesel-Theresienthal auf hochqualitative Handproduktion, auf Design und Künstlerkooperationen, während aus Waldsassen in der Oberpfalz mundgeblasene Farbflachgläser für künstlerische Raumgestaltungen kommen.